MS und Angehörige:

Die Kommunikation ist entscheidend

Die Diagnose MS kommt meist unerwartet und plötzlich. Sie stellt das Leben der Betroffenen komplett auf den Kopf und wirft viele Fragen auf, wie das Leben sich nun verändern wird und weitergehen wird. Es braucht viel Zeit sich selbst als Betroffener damit auseinanderzusetzen und seinen Weg damit umzugehen zu finden. Doch die Diagnose betrifft neben den Patienten auch ihre Familien, Angehörigen und Freunde. Auch sie sind von Angst und Unsicherheit betroffen und stellen sich Fragen über die Zukunft.

Das Gespräch suchen

Versuchen Sie sich nicht zu verschliessen oder die MS zu verleugnen, sondern suchen und wagen Sie das Gespräch mit Ihren Nächsten. Auch wenn Sie unsicher sind, wie Sie am besten darüber sprechen, und ängstlich vor der Reaktion, probieren Sie in ruhiger Atmosphäre das Thema anzusprechen. Vielleicht werden Sie von der Reaktion Ihres Gegenübers positiv überrascht. Vielleicht kann Ihr Gegenüber sogar einen neuen Blickwinkel auf die Situation für Sie auftun. Gemeinsam ist es sicher leichter mit der neuen Situation umzugehen und einen Weg zu finden. Es ist wichtig, dass Sie sich gemeinsam mit Ihren Angehörigen gut über MS informieren, damit Sie ein realistische Einschätzung des Alltags und der Zukunft mit dieser Erkrankung bekommen und vor allem um unnötige Sorgen zu vermeiden.

Kinder einbinden

Versuchen Sie nicht, Ihre Erkrankung vor Ihren Kindern zu verbergen. Kinder spüren sehr schnell und sehr genau, wenn etwas sich verändert. Unausgesprochenes kann dazu führen, dass Kinder sich wegen der neuen Situation schuldig fühlen oder Verlustängste entwickeln. Deshalb sollten Sie auch gegenüber Ihren Kindern die MS offen thematisieren. Versuchen Sie Ihren Kindern altersgerecht zu erklären, wie sich die neue Situation im Alltag auswirken wird. Ermutigen Sie Ihre Kinder offen über Ängste und Sorgen zu sprechen, um gemeinsam eine Lösung und Antwort zu finden.

Bedürfnisse offen ansprechen

Sobald die Familie über die Diagnose MS informiert ist, will sie natürlich helfen den Alltag zu erleichtern und zu meistern. Dies kann dazu führen, dass Sie sich als Betroffener bevormundet fühlen. Um niemanden vor den Kopf zu stossen, kommunizieren Sie daher möglichst klar:

  • Wie viel und welche Hilfe Sie brauchen und annehmen wollen und welche Dinge Sie gut und gerne alleine bewerkstelligen. So können Sie auch verhindern, dass Ihnen etwaige Überfürsorglichkeit zur Last wird oder Angehörige das Gefühl bekommen sich aufzudrängen.
  • Binden Sie Ihre Kinder - egal ob jung oder alt - altersentsprechend, aktiv in den Alltag und dessen Organisation mit ein. So können Ihre Kinder behutsam an die neue Situation herangeführt werden, bauen immer mehr Verständnis auf und entwickeln das Gefühl aktiv etwas zur Situation beitragen zu können. Dadurch lernen Ihre Kinder ganz selbstverständlich mit der MS umzugehen.
  • Ältere Kinder sollten sich über MS informieren, um Verständnis für diese Erkrankung aufzubauen und Zukunftsängste abzubauen. Eine realistische Einschätzung der Situation und der Zukunft ist hier das Ziel. Jugendliche können auch schon mit etwas verantwortungsvolleren Aufgaben betraut werden. Wichtig ist es auch hier, immer wieder das Gespräch zu suchen, um eine etwaige Überforderung des Kindes frühzeitig zu erkennen. Die Hauptverantwortung für das Familienleben und den Alltag muss allerdings ganz klar immer bei den Eltern liegen.
  • Sollten MS-Betroffene nicht mehr in der Lage sein, gewisse Eltern- oder Familienaufgaben zu übernehmen, so bitten Sie Ihren Partner darum oder beziehen Sie zur Entlastung weitere erwachsene Bezugspersonen mit ein.
  • Offenheit und Vertrauen sind in jeder Partnerschaft unerlässlich. MS-Patienten sind oft von sexuellen Funktionsstörungen betroffen (etwa 50% der Frauen und 75% der Männer). Suchen Sie mit Ihrem Partner daher auch das Gespräch über Ihre Sexualität. Nur so kann ein Umdenken von beiden Seiten stattfinden und neue Wege für eine gemeinsam gelebte, erfüllende Zärtlichkeit und Sexualität gefunden werden. Haben Sie auch keine Scheu, sich mit konkreten Fragen an Ihre MS-Fachperson zu wenden. Für viele MS-bedingte Sexualprobleme gibt es heute schon gute Hilfsmittel, Techniken und Medikamente.

Setzen Sie also Grenzen und sprechen Sie klar und präzise über Ihre Wünsche und Bedürfnisse. Denn nur wenn Ihr Gegenüber genau weiss, wo und wann Sie wie viel Hilfe brauchen, werden beide Seiten zufrieden sein. Akzeptieren Sie aber auch die Grenzen Ihrer Angehörigen. Sprechen Sie offen über Überforderung, Erschöpfung und Ängste und versuchen Sie in der jeweiligen Situation gemeinsam eine Lösung zu finden. Wichtig ist es auch für beide Seiten sich in die Lage des Anderen zu versetzen, Verständnis für dessen Reaktion und Situation aufzubauen und das Gespräch zu suchen. Nur so können Konflikte vermieden oder geklärt werden. Greifen Sie bei Bedarf zusätzlich auf Hilfe von ausserhalb und professionelle, qualifizierte Hilfsangebote zurück, um den Alltag zu erleichtern und sich und den Angehörigen eine Pause oder etwas Freiraum zu gönnen.

Die Lust am Leben im Fokus – nicht die MS

Für Angehörige ist es überaus wichtig, ihr eigenes Leben nicht aus den Augen zu verlieren. Sie sollten vielmehr versuchen, die neue Situation in ihr Leben zu integrieren. Angehörige sollte daher nicht auf Hobbies oder Freunde verzichten, um einen Ausgleich zu finden und ihre „Batterien“ aufzuladen. So werden Unzufriedenheit und Streitigkeiten vermieden, die sich negativ auf alle Beteiligten insbesondere die MS-Betroffenen auswirken würden. Angehörige können für Menschen mit MS am besten da sein, wenn es ihnen selbst gut geht und sie Spass am Leben haben! Gleiches gilt natürlich auch für MS-Betroffene: auch sie sollen ihren Hobbies nachgehen, Freunde treffen und aktiv am Leben teilnehmen. Der Krankheit sollte ein nicht unangemessen grosser Raum im Leben eingeräumt werden. Versuchen Sie als Betroffener anderen Lebensbereichen Zeit und Beachtung zu schenken und definieren Sie sich nicht nur über Ihre Erkrankung.

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