MS und Wechseljahre

Gibt es da einen Zusammenhang?

Keine Frage: Die Wechseljahre können anstrengend sein. Hitzewallungen, Schlafstörungen, rasche Ermüdbarkeit – einige Frauen treffen die unliebsamen Symptome mehr, andere weniger. Frauen mit MS fürchten die natürliche Hormonumstellung oftmals noch aus einem anderen Grund: Sie erwarten eine Verschlechterung ihrer MS und ihrer MS-Symptome.

Die Bedeutung von Hormonen – für Frauen und die MS

Zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr beginnen die Eierstöcke, die Hormonproduktion zu reduzieren – und unser Körper arbeitet zunächst mit all seinen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen an. Um die Hormonbildung wieder anzukurbeln, beginnt er mit der Produktion eines stimulierenden Botenstoffes in der Hirnanhangsdrüse. So entsteht ein Mehr an Botenstoffen im Gehirn, und ein Weniger an Sexualhormonen im Körper. Das ist ein Ungleichgewicht, das die Regulationszentren von Körper und Geist ganz schön durcheinander bringen kann. Die Folgen sind die typischen Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schweissausbrüche, Schlafstörungen, Herzrasen, rasche Ermüdbarkeit, seelische Verstimmtheit, Wassereinlagerungen oder Reizbarkeit.

Wenn die Hormone schwanken, wird auch die MS aktiv?

Doch die eigentliche Sorge vieler Frauen mit MS liegt ganz woanders: Denn immer wieder liest oder hört man, dass hormonelle Umstellungen, wie Pubertät, Wochenbett oder Menopause, mit dem Auftreten erster Symptome der MS, mit Schubaktivität oder dem Fortschreiten der MS-Symptome in Verbindung gebracht werden. Die wissenschaftliche Datenlage hierzu ist jedoch rar. Einen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen einer Verschlechterung der MS und MS-Symptomen und der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren gibt es bis heute nicht.

Wechseljahre – Wendepunkte der besonderen Art

Dennoch treten oft Veränderungen ein: Viele Frauen mit MS befinden sich in den Wechseljahren häufig in der Phase, in der die MS einen sekundär progredienten Verlauf einschlägt. Akute Schübe treten also eher in den Hintergrund und stattdessen stellt sich langsam eine schleichende Entwicklung ein. Am weiblichen Hormonabfall muss das aber nicht liegen, denn auch bei betroffenen Männern jenseits des 50. Lebensjahrs ist dies oft der Fall.

Hormonersatztherapie – ja oder nein?

Als Frage immer wieder im Raum – gleichwohl bei Frauen mit als auch ohne MS – steht die Hormonersatztherapie. Während sie früher Frauen oft und gerne empfohlen wurde, gilt sie heute als umstritten. Sie steht im Verdacht, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Thrombose und Brustkrebs leicht zu erhöhen. Gleichwohl bietet sie aber auch entscheidende Vorteile: Sie kann viele hormonell bedingte Symptome wie Schweissausbrüche, Schlafstörungen und Depressionen mildern. Auch die Fatigue wird durch die Hormontherapie positiv beeinflusst. Zudem kann sie Gelenkbeschwerden verbessern und Osteoporose entgegenwirken. Daher ist bei wirklich massiven Beschwerden eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung durch den behandelnden Arzt in Erwägung zu ziehen. Sprechen Sie am besten mit ihrem Gynäkologen und ihrem Neurologen darüber.

Welche alternativen Mittel gibt es?

Wer auf natürliche Weise die Wechseljahresbeschwerden möglichst gering halten möchte, sollte – wie so oft im Leben – auf einen möglichst gesunden Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung, genug Schlaf sowie der richtigen Mischung aus Entspannung und Bewegung achten. Setzen Sie auf wenig Fleisch und wenig tierische Fette, stattdessen aber auf viel Obst und Gemüse, öfter mal Fisch und fettarme Milchprodukte. Bestens geeignet sind auch Yoga und andere Entspannungsmethoden. Sie reduzieren Herzrasen, mindern Hitzewallungen und tragen zur seelischen Ausgeglichenheit bei. Moderate Ausdauersportarten bringen unseren Körper dazu, Schwankungen der Körpertemperatur besser regulieren zu können.

Was tun, um Osteoporose vorzubeugen?

Ein Thema, das während den Wechseljahren besonders Frauen mit MS betrifft, ist die Osteoporose. Da das Hormon Östrogen entscheidend am Knochenaufbau beteiligt ist, kann es durch die reduzierte Östrogenproduktion in den Wechseljahren zu einer Verringerung der Knochendichte mit vermehrten Knochenbrüchen kommen. Bei Frauen mit MS ist es zusätzlich möglich, dass sich das Osteoporoserisiko aufgrund von erfolgten oder noch folgenden Kortisonstosstherapien erhöht. So kann es sein, dass es bei Stürzen leichter zu Knochenbrüchen kommt als zuvor. Ausreichend Bewegung sowie eine gesunde Ernährung mit viel Fisch, Quark, Joghurt und Gemüse wirken auch hier vorbeugend. Bei Risikopatientinnen kann zudem eine spezielle Osteoporosetherapie Sinn machen. Hier kann der Frauenarzt über medikamentöse Möglichkeiten beraten.

Ein neuer Lebensabschnitt – mit Herausforderungen und Chancen

Wechseljahre sind Wendepunkte, ohne Frage, gleichwohl für Frauen mit MS als auch für Frauen ohne. Wichtig ist es nun, individuelle Risiken zu erkennen und durch eine aktive Lebensgestaltung sowie durch die nötige ärztliche Unterstützung vorzubeugen. Doch wie so oft im Leben zeigt sich, dass es „zwischen den Jahren“ wohl denjenigen Frauen am besten geht, die positiv in die Zukunft schauen und zuversichtlich dem begegnen, was da kommen mag. Sich verrückt zu machen, bringt gar nichts. Denn es liegt jetzt einiges vor Ihnen: ein komplett neuer Lebensabschnitt, mit all seinen Herausforderungen – und auch Chancen.

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